Dienstag, 8. April 2014

Das Stanford-Gefängnis-Experiment
 
Das Stanford-Prison-Experiment
 
MachtSTRUKTUREN machen sogar im Spiel das Bewusstsein zu einer hilflosen Marionette  des Unbewussten


Das Stanford-Prison-Experiment (deutsch: das Stanford-Gefängnis-Experiment) war ein psychologisches Experiment und als solches ein Meilenstein der psychologischen Erforschung menschlichen Verhaltens unter den Bedingungen der Gefangenschaft, speziell unter den Feldbedingungen des echten Gefängnislebens. Der Versuch wurde 1971 vom US-amerikanischen Psychologen Philip Zimbardo an der Stanford University durchgeführt und vorzeitig abgebrochen.

Verlauf
Bewerbung und Verhaftung
Auf eine von den Wissenschaftlern geschaltete Zeitungsannonce in Palo Alto meldeten sich über 70 Studenten. Bei diagnostischen Interviews und einem Persönlichkeitstest wurden 24 Studenten aus der Mittelschicht ausgewählt, die normale, durchschnittliche Ergebnisse erzielten. Sie wurden für 15 Dollar pro Tag engagiert. Die ausgewählten Studenten wurden durch Münzwurf zufällig in zwei Gruppen eingeteilt – Wärter und Gefangene. Die Gefangenen mussten im Vorfeld Dokumente unterschreiben, in welchen sie freiwillig auf einige ihrer Grundrechte verzichteten, solange sie im „Gefängnis“ waren.
Ein paar Tage später wurden die Gefangenen „verhaftet“: Echte Polizisten nahmen sie öffentlich wegen bewaffneten Raubes und Einbruchs fest, klärten sie über ihre Rechte auf und brachten sie auf die Polizeiwache. Dort warteten sie mit verbundenen Augen in Untersuchungszellen. Von dort wurden sie dann zum Institut überführt und nach Aufnahme ihrer Personalien in extra für dieses Experiment eingerichtete Zellen gesperrt.
Die drei Zellen befanden sich im Keller der Universität. Die Originaltüren der eigentlichen Laborräume waren durch extra angefertigte Gittertüren ersetzt worden. Das Flurstück davor war „Gefängnishof“ und wurde an den Enden mit Holzwänden geschlossen. Durch feine Löcher in diesen Wänden wurde das Geschehen im Innern gefilmt. Durch die Sprechanlage wurden die Experimentteilnehmer abgehört. Es gab keine Fenster, dafür aber ein so genanntes „Loch“. Das Loch war eine Art Wandschrank, welcher mit Aktenordnern befüllt nunmehr eine Größe von 62 × 62 cm hatte und bei geschlossener Tür absolut dunkel war.
Ereignisse im „Gefängnis“
Diejenigen, die Wärter darstellen sollten, wurden mit Uniformen, von der Polizei geliehenen Gummiknüppeln und Sonnenbrillen ausgestattet. Die Gefangenen wurden alle von dem „stellvertretenden Anstaltsleiter“ persönlich begrüßt. Danach wurde jeder Gefangene entlaust und dazu gezwungen, eine schwere Fußkette, einen Nylonstrumpf über dem Kopf und „Gefängniskleidung“ (Krankenhaushemd ohne Unterwäsche) zu tragen.
Die Gefangenen erhielten Nummern, die sie statt ihrer Namen zu verwenden hatten. Diese Nummern waren auch auf der Vorder- und Rückseite ihrer Kittel angebracht. Im Falle eines Ausbruchs, so wurden die Wärter informiert, würde das Experiment abgebrochen werden. Ansonsten hatten die Wärter die Freiheit, eigenständig Regeln auszuarbeiten und alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um Ruhe und Ordnung im „Gefängnis“ zu wahren.
Die Gefangenen wurden immer zu dritt in eine Zelle gesperrt. Die Zellen waren nur so groß, dass gerade drei einfache Pritschen darin Platz hatten. Toiletten gab es in den Zellen nicht. Wenn ein Gefangener auf die Toilette musste, so musste er erst die Erlaubnis eines Wärters einholen. Dann wurde er mit verbundenen Augen auf die Toilette geführt, damit er den Ausgang nicht sehen konnte.
Anfangs probierten beide Parteien ihre Rollen erst aus, um zu sehen, wo ihre Grenzen lagen. Die Wärter riefen die Gefangenen zu beliebigen Tag- und Nachtzeiten aus dem Bett zu Zählappellen. Einerseits sollten die Gefangenen dadurch mit ihren Nummern vertraut gemacht werden und andererseits die absolute Macht der Wärter über die Gefangenen demonstriert werden. Außerdem setzten die Wärter zur Bestrafung gern Liegestütze ein.
Bereits am Morgen des zweiten Tages brach ein Aufstand aus. Die Gefangenen blockierten die Zellentüren, rissen ihre Nummern von den Kitteln und zogen sich die Strümpfe vom Kopf. Die Wärter schlugen den Aufstand nieder, indem sie mit Feuerlöschern eisiges Kohlendioxid in die Zellen sprühten und die Gefangenen dadurch zwangen, die Türen freizugeben. Danach wurde allen Gefangenen die Kleidung und Betten entzogen. Ab diesem Zeitpunkt demütigten die Wärter die Gefangenen bei jeder Gelegenheit, alles wurde zum Privileg. So mussten die Gefangenen nach dem Zapfenstreich um 22:00 Uhr, wenn das Licht aus und die Zellen geschlossen waren, die Eimer in den Zellen für ihre Fäkalien benutzen, da die Wärter ihnen den Gang zur Toilette verweigerten. Dadurch roch das Gefängnis nach kurzer Zeit stark nach Kot und Urin, was die Atmosphäre in dem stickigen Kellergewölbe noch näher an die eines echten Gefängnisses brachte.
Es wurde eine „privilegierte Zelle“ für die Gefangenen eingerichtet, welche sich nicht oder kaum am Aufstand beteiligt hatten. Diese bekamen Kleidung und Betten zurück und bekamen darüber hinaus Essen in Anwesenheit der Anderen, während diese nichts bekamen. Nach einem halben Tag wurden die privilegierten mit den sanktionierten Gefangenen gemischt. Dies sorgte für Verwirrung und die Rädelsführer des Aufstandes hielten die Privilegierten für Spitzel. Damit brachen die Wärter die Solidarität unter den Gefangenen und verhinderten so weitere koordinierte Aktionen der Gefangenen.
Eskalation und Abbruch des Experiments
Das Experiment geriet sehr schnell außer Kontrolle. Nach drei Tagen zeigte ein Gefangener extreme Stressreaktionen und musste entlassen werden. Einige der Wärter zeigten sadistische Verhaltensweisen, speziell bei Nacht, wenn sie vermuteten, dass die angebrachten Kameras nicht in Betrieb waren. Teilweise mussten die Experimentatoren einschreiten, um Misshandlungen zu verhindern. Nach nur sechs Tagen (zwei Wochen waren ursprünglich geplant) musste das Experiment abgebrochen werden, insbesondere, weil die Versuchsleiter feststellten, dass sie selbst ihre Objektivität verloren, ins Experiment hineingezogen wurden und gegen den Aufstand der Gefangenen agierten.
Bei Beendigung des Experiments hatten vier Gefangene emotionale Zusammenbrüche erlitten und mussten infolgedessen vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen werden. Ein anderer Gefangener bekam einen psychisch bedingten Hautausschlag, als er erfuhr, dass sein „Bewährungsgesuch“ abgelehnt worden war. Der Rest der Gefangenen versuchte, die Situation durch Unterwürfigkeit zu meistern und den Befehlen der Wärter so korrekt wie möglich Folge zu leisten. Die Gruppe der Gefangenen war zerschlagen, jeder war nur noch Einzelner – auf sich allein gestellt und aufs Überleben fixiert.

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